Eine kurze Biografie von Herma Römer (* 18. Dezember 1919 – † 19. Juni 2009) veranschaulicht das Selbstverständnis unserer Stiftung.
Herma Römer wurde als 22-Jährige und, wie sie selber sagte, „dummes Mädchen“ im Büro des Hamburger Statthalters des Reichssicherheitsdienstes, Kaufmann, als Schreibkraft dienstverpflichtet. Ohne die Zusammenhänge zu begreifen, registrierte sie sehr genau, wie die Naziverwaltung in Hamburg und Umgebung die Zwangsarbeit organisierte und sich in den zahlreichen Außenlagern des KZ Neuengamme der preiswerten Arbeitskraft bediente.
Jahrzehnte später, als es darum ging, konkrete Entschädigungen gegenüber der Bundesdeutschen Stiftung Erinnerung, Verantwortung, Zukunft (EVZ) zu erreichen, konnte sie 116 Hamburger Betriebe identifizieren, die von der Zwangsarbeit profitiert hatten.
Herma Römer zeichnete vor allem aus, dass sie sich in vollem Bewusstsein als Täterin im Nazideutschland begriff und seit Kriegsende auch so lebte und handelte.
Mit ihrem Mann Kurt Römer trat sie 1946 der KPD bei. Beide verließen die Partei 1951 wieder, weil sie dort keinen Platz für ihre libertären Auffassungen sahen. Kurt Römer arbeitete seit 1964 auch als Korrespondent für Radio Prag, in dieser Zeit entstanden viele Beziehungen zu überlebenden tschechischen Frauen des KZ Ravensbrück, die Kurt und Herma bei ihren Besuchen in Prag knüpften. Viele von Hermas tschechischen Freundinnen, die das KZ Ravensbrück überlebt hatten, sahen sich nach der Niederschlagung der Dubček-Regierung 1968, für die sie alle eingetreten waren, erneut enormen Repressionen ausgesetzt und gerieten in große wirtschaftliche Not.
Kurt und Herma halfen, wo sie konnten. Dafür wurde Herma Römer nach dem Zusammenbruch des Realsozialismus mit den beiden höchsten staatlichen Orden der neuen Tschechischen Republik ausgezeichnet.
Wesentlich wichtiger als diese Ehrung war ihr, den Lebensschicksalen ihrer Freundinnen nachzugehen. Über die Mahn- und Gedenkstätte des KZ Ravensbrück kam sie schließlich auch in Kontakt mit vielen ehemaligen KZ-Häftlingen und ZwangsarbeiterInnen, die von der Krim nach Deutschland verschleppt worden waren.
Herma Römer war Gründungsmitglied der Hamburger GAL Eimsbüttel und nutzte ihre zahlreichen Kontakte auch für ihr inneres politisches Anliegen, die Erforschung der Zwangsarbeit durch das Deutsche Reich in den besetzten östlichen Gebieten ab 1941. Aufmerksam hatte sie Entschädigungsprozesse in den USA verfolgt, die auf Druck der USA und der beteiligten US-Anwälte schließlich zur Gründung der bundesdeutschen Stiftung EVZ (Erinnerung, Verantwortung, Zukunft) im Jahre 2000 führten. Über ihre Kontakte zur Gedenkstätte Ravensbrück und zusammen mit dem Fürstenberger Förderverein unterstützte sie viele ehemalige Zwangsarbeiter auf der Krim bei der Beantragung ihrer Entschädigungszahlungen an die EVZ.
Aus dem Kreis von Herma Römers politischen Kontakten besuchte 2005 eine große Gruppe von Menschen aus Hamburg und dem Wendland (Krim-Initiative) die Halbinsel Krim, um dort einen praktischen Beitrag zur Erleichterung des Alltags ehemaliger KZ-Häftlinge und ZwangsarbeiterInnen zu leisten durch diverse Bauarbeiten an einem kleinen Haus, das seit 2000 dem Simferopoler Invalidenverein als Begegnungsstätte dient.
Herma Römer konnte 2006 selbst noch einmal auf die Krim fahren und vielen Menschen, die sie jahrelang finanziell unterstützt hatte, persönlich vor Ort begegnen; einige dieser Krimbewohner konnte sie jeweils im April anlässlich der Gedenkfeiern der Befreiung des KZ Ravensbrück treffen.
Herma Römers großzügige Unterstützung für Projekte und ihre persönliche Zuwendungen an die Menschen hat sie dadurch finanziert, dass sie bis sechs Wochen vor ihrem Tod noch voll berufstätig war.
Am 19. Juni 2009 verstarb Herma Römer.
Ihren Nachlass, den sie im Andenken an ihren 1984 verstorbenen Mann Kurt Römer einem sozialpolitischen Zweck zuführen wollte, hat sie mit ihrer Stiftungsgründung, die zum März 2008 rechtskräftig wurde, noch erleben können.
Ihrem politischen und persönlichem Vermächtnis bleibt die Stiftung immer verbunden.